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Anfrage bezüglich der Abrechnung von Plakatentfernungen nach der Bundestagswahl 2025

An Herrn Oberbürgermeister
Matthias Klopfer
Rathausplatz 2
73728 Esslingen am Neckar 21.06.2025

Anfrage bezüglich der Abrechnung von Plakatentfernungen nach der Bundestagswahl 2025

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Klopfer,

im Nachgang zur Bundestagswahl 2025 wurde mit Datum vom 27.05.2025 dem AfD-Kreisverband ein Gebührenbescheid über die Entfernung von Wahlplakaten durch das Ordnungsamt zugestellt. Eine solche Abrechnung ist – unseres Wissens nach – erstmals erfolgt; in früheren Wahlkämpfen war dies nicht Praxis. In diesem Zusammenhang bitten wir um Beantwortung der folgenden Fragen:

  1. Wurde die Verwaltungspraxis bezüglich der Entfernung von Wahlplakaten durch die Stadtverwaltung im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 geändert?
    • Wenn ja: Auf welcher Grundlage wurde diese Änderung beschlossen bzw. veranlasst?
    • Wenn ja: Warum erfolgte diese Änderung?
    • Wenn ja: Wurden der Gemeinderat, ein Ausschuss, einzelne Gemeinderäte oder eine Partei/Gruppierung über diese Änderung informiert? Wenn ja, wer, wann, wie? Wenn nein: warum nicht?

  2. Wie lauten die konkreten internen Verwaltungsrichtlinien oder -vorgaben zur Abrechnung von Plakatentfernungen im Wahlkontext?
    • Gibt es schriftlich fixierte Standards, und wenn ja, seit wann gelten diese?
    • Wie lauten die konkreten internen Verwaltungsrichtlinien bzw. -vorgaben, welche bis vor der Bundestagswahl 2025 Gültigkeit hatten?

  3. Wurden auch anderen Parteien oder Wählergruppen Rechnungen über Plakatentfernungen zugestellt?
    • Wenn ja: Wie viele entsprechende Bescheide wurden versendet, in welcher Höhe und an welche Parteien/Wählergruppen?

  4. Wie wird sichergestellt, dass nur rechtlich einwandfrei dokumentierte und zuordenbare Fälle von verspäteter oder unterlassener Plakatentfernung abgerechnet werden?
    • Wie wird sichergestellt, dass keine Plakatierungen durch Dritte (z. B. unbefugtes Anbringen durch Unbekannte) fälschlich dem jeweiligen Verband angelastet werden?

  5. Plant die Verwaltung, diese Praxis auch bei künftigen Wahlen beizubehalten?
  1. Wurde die Verhältnismäßigkeit juristisch geprüft?
    • Aus unserer Sicht wäre es sowohl rechtlich geboten als auch verwaltungspraktisch verhältnismäßig gewesen, dass die zuständige Behörde zunächst den betroffenen Kreisverband direkt kontaktiert und auf möglicherweise verbliebene Plakate hingewiesen hätte, bevor kostenpflichtige Maßnahmen veranlasst werden.
    • Ein solches Vorgehen entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Verwaltungshandeln, wie er sich unter anderem aus § 40 VwVfG ergibt: Danach muss eine Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen sein. Die unmittelbare Beauftragung einer kostenpflichtigen Ersatzvornahme – ohne vorherige Kontaktaufnahme oder Fristsetzung – erscheint unter diesem Gesichtspunkt nicht als mildestes Mittel, insbesondere dann nicht, wenn keine konkrete Gefährdung oder Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung vorlag.
    • Hinzu kommt, dass es sich bei der Entfernung von Wahlplakaten um eine regelmäßig gut planbare Maßnahme handelt, bei der ein kurzfristiger Hinweis an den verantwortlichen Verband in der Vergangenheit vielfach ausgereicht hat. Diese bewährte Verwaltungspraxis wurde in diesem Fall offenbar ohne Ankündigung geändert
    • Falls nein: wir fordern eine rechtliche Überprüfung dieser Praxis. Kommen Sie dieser Forderung nach? Wenn ja: bis wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen?

  2. Gibt es in der Verwaltung Ermessensspielräume hinsichtlich des Gebührenmaßes – insbesondere bei erstmaligen oder geringfügigen Verstößen – und wurden diese im vorliegenden Fall geprüft oder berücksichtigt?

  3. Parteien sind durch Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes beauftragt und geschützt:
    „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“
    Sieht die Verwaltung die Gefahr, dass durch unverhältnismäßige Gebührenbescheide Parteien oder politische Gruppierungen faktisch in ihrer Öffentlichkeitsarbeit behindert werden, obwohl diese gemäß Art. 21 GG einen verfassungsrechtlich garantierten Auftrag erfüllen?

  4. Welche Maßnahmen trifft die Verwaltung, um bei der Plakatierung eine verhältnismäßige, faire und diskriminierungsfreie Behandlung aller politischen Akteure sicherzustellen – insbesondere vor dem Hintergrund, dass Plakatierung ein zentrales Element politischer Meinungsäußerung und Wahlwerbung darstellt?

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