Zur Berichterstattung der Esslinger Zeitung „Nach Streit mit AfD: Unruhe um Wahl von Gebhard Mehrle“

Von Stephan Köthe

Am 21.10.2025 hat die Esslinger-Zeitung in Ihrer Online-Ausgabe folgenden Artikel veröffentlicht: „Nach Streit mit AfD: Unruhe um Wahl von Gebhard Mehrle

Dazu ist Folgendes zu sagen…

a) …zum Sachverhalt…

  1. Am 15.08.2024 hat Herr Dr. Gebhard Mehrle auf einer öffentlichen Veranstaltung des SPD-Ortsverband Esslingen, den im Publikum sitzenden Stadtrat der Alternative für Deutschland, Alexander Anderka, mit den Worten „Und der Herr Anderka ist wirklich ein Nazi! Das muss man wissen!“ geschmäht. Link zum ausführlichen Bericht.
  2. Am 21.10.2025 habe ich auf der Sitzung des Verwaltungsausschusses durch meine Zustimmung zu TOP 14 zum Ausdruck gebracht, dass Herr Dr. Mehrle legitimier Nachrücker von Herrn Florian Dieringer in den Gemeinderat ist, aber in meinen Redebeitrag zu TOP 15 auch gesagt, dass wir schwere Bedenken gegen die Eignung von Herr Dr. Gebhard Mehrle als Mitglied des Ausschusses für Bildung, Erziehung und Betreuung haben, da dieser sich in strafrechtlich relevanter Weise auf einer öffentlichen Veranstaltung gegen ein amtierendes Gemeinderatsmitglied geäußert hat. Link zum ausführlichen Bericht.

b) …zu dem, was meine Gemeinderatskollegen sagten…:

  1. Zu meiner Gemeinderatskollegin Dr. Annette Silberhorn-Hemminger (Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler), welche betont (Zitat aus dem Artikel der Esslinger Zeitung): „Es geht ja nicht um die Frage, ob einem jemand passt oder nicht, sondern um eine Formalie: Mehrle sei schließlich von den Bürgern gewählt worden.“
    Mein Kommentar: Mit dieser Aussage unterstellt Annette Silberhorn-Hemminger, dass wir Vorbehalte gegen das Nachrücken von Dr. Mehrle in den Gemeinderat hatten. Das hatten wir nicht – und das weiß Frau Silberhorn-Hemminger! Deswegen ist ihre Aussage in dieser Form irreführend – sie erweckt jedenfalls den falschen Eindruck.
    Unsere Auffassung ist – und so haben wir unter TOP 14 abgestimmt: Herr Dr. Mehrle ist mit seiner Einsetzung in den Gemeinderat, ein durch den Bürger gewählter, legitimer Stadtrat von Esslingen. Wir werden ihn mit gebührenden Respekt behandeln und von unserer Seite einen fairen und konstruktiven Umgang suchen – sofern es in unserer Macht liegt.
    Damit werden wir einen Unterschied machen zu einem Großteil der amtierenden Grünen- und SPD-Gemeinderäte, denen ein Mindestmaß an Anstand und Respekt abhanden gekommen ist, sie grüßen nicht, sie geben schon gar nicht die Hand oder pflegen einen kollegialen Austausch oder zumindest einen gelegentlichen Small-Talk. Ausnahmen bestätigen die Regeln (vor allem, wenn kein anderer Gemeinderat zusieht). Aber auch das ist ihr gutes Recht.
    Was das Nachrücken in den Ausschuss anbelangt, sind wir der Meinung, und dazu stehen wir auch, dass die Gremienarbeit, sprich die Arbeit im Ausschuss, geschützt werden muss vor Gemeinderäten, die sich in einer solch drastischen Art und Weise geäußert haben. Das Nachrücken in einen Ausschuss ist kein Automatismus, sondern wird durch eine Wahl bestätigt. Wir haben unter TOP 15 der Neubildung des Ausschusses für Bildung, Erziehung und Betreuung widersprochen und damit den Weg für eine geheime Wahl auf der Gemeinderatssitzung am 10.11.2025 frei gemacht. Das ist unser gutes Recht, für deren Inanspruchnahme wir uns nicht rechtfertigen und schon gar nicht beschimpfen lassen müssen!
  2. Zu meiner Gemeinderatskollegin Gabriele Kienlin (Grüne) welche erklärt (Zitat aus dem Artikel der Esslinger Zeitung):„Es gibt überhaupt keinen Grund, Herrn Mehrle abzulehnen.“
    Mein Kommentar: Dass Frau Kienlin an der Verunglimpfung eines Gemeinderatskollegen keinen Anstoß nimmt, spricht für sich selbst und ist im Einklang mit dem sonstigen Gebaren der Grünen (Ausnahmen bestätigen die Regel). Es ist Frau Kienlins gutes Recht, Herrn Dr. Mehrle in den Ausschuss zu wählen, wie es unser gutes Recht ist, ihn nicht zu wählen.
  3. Zu meinem Gemeinderatskollege Tim Hauser (Fraktionsvorsitzender der CDU), der sagt (Zitat aus dem Artikel der Esslinger Zeitung): „Es ist Aufgabe der Fraktionen, zu bestimmen, wen sie in den Ausschuss schicken. Köthe versuche, seine Probleme zu Problemen des gesamten Gremiums zu machen“:
    Mein Kommentar: Tim Hauser hat den Ernst der Lage nicht verstanden! Es ist nicht nur mein Problem – es ist auch seines! Wenn die AfD weg ist, ist die CDU die nächste Partei, die ins Kreuzfeuer gerät! Tim Hauser ist möglicherweise selbst der nächste Nazi, nachdem sie uns verboten haben.
    Richtig wäre also der Satz gewesen: „Köthe versuche ein Problem zu lösen, welches wir gesamtgesellschaftlich haben und welches auch mich jederzeit treffen könnte“.
    Vielleicht ist das der Grund, warum die CDU so weit nach links gerückt ist: es ist einfach komfortabler auf der Seite der Umverteiler und Schuldenmacher. Dumm nur, dass ihr Platz frei wurde – und wir diesen eingenommen haben – obwohl wir uns in unserem Selbstverständnis nie als CDU verstanden haben, zu verlogen und verfilzt erscheint uns dieser Machtapparat. Wir verstehen uns als freiheitliche Partei – und das sind wir auch (siehe unser Selbstverständnis und die Fremddarstellung) – mit Nationalsozialisten und Internationalialsozialisten haben wir jedenfalls nichts zu tun! Unser Motto lautet: Freiheit statt Sozialismus!
  4. Zu meinem Gemeinderatskollege Nicolas Fink (Fraktionsvorsitzender der SPD), der sagt: „Die AfD verabschiedet sich immer mehr von dem, was ein gutes politisches Miteinander ausmacht, denn Nachrücker werde Mehrle in jedem Fall. Dass er als gewählter Stadtrat dann aber nicht in einem Ausschuss sitzt, das wäre doch völlig absurd!“.
    Mein Kommentar: Die SPD ist ein Meister der Opfer-Täter Umkehr. Nicht sein Parteikollege Dr. Mehrle hat sich von einem guten politischen Miteinander verabschiedet, sondern ich, der das Thema anspricht. Aber: wenn sich einer vom guten politisches Miteinander verabschiedet hat, dann ist es die SPD – wohin man schaut:
    Im Landtag: Der SPD-Landtagsvizepräsident Daniel Born mal ein Hakenkreuz auf den Stimmzettel – und er wird trotzdem im März 2026 wieder in den Landtag gewählt! Das Amt des Landtagsvizepräsidenten ist übrigens ein Amt, dass die SPD der AfD seit Jahren verwehrt (Nicolas Fink würde sagen: „Dass einer gewählten Partei keinen Landtagsvizepräsidenten zugestanden wird, das ist doch völlig absurd!“ – oder nicht? 🤣).
    Im Gemeinderat: Es vergeht kaum eine Sitzung unter der Leitung von SPD-Oberbürgermeister Matthias Klopfer, in welcher er sich nicht von der AfD distanziert oder sonst anlasslos eine Beleidigung gegen unsere Partei ausstößt. Wo ist das gute politische Miteinander des OBs? Wo kommt OB Klopfer seiner Fürsorgepflicht nach? Wo seiner Vorbildfunktion? Wo stellt er sich schützend vor die, welche angegriffen werden? Bei diesem OB steht man in der Gefahr, vom OB selbst angegriffen zu werden. Selbst in seiner Rolle als Versammlungsleiter fehlt ihm zuweilen ein Mindestmaß an neutraler Sitzungsleitung. Ich erinnere mich an eine Sitzung, in welcher OB Klopfer auf eine spitze Formulierung von Herrn Auerbach (Die Linke/FÜR) völlig überzogen reagiert hat – ohne Maß und Mitte, ohne Souveränität, einfach nur peinlich! Ich war der einzige, der für Herrn Auerbach das Wort ergriffen hat! Das ist auch peinlich – für meine Gemeinderatskollegen! Wie kann man einen Kollegen so im Regen stehen lassen?! Das politische Klima in Esslingen liegt im Argen und das liegt maßgeblich am Führungsstil von SPD-Oberbürgermeister Matthias Klopfer, aber auch an der Rückratlosigkeit der wesentlichen Player im Gemeinderat, insbesondere der 4 Sprecher der großen Fraktionen, Tim Hauser (CDU), Carmen Tittel (Grüne), Nicolas Fink (SPD) und Dr. Annette Silberhorn-Hemminger (Freie Wähler) – und das hat seine Gründe!
    Im Bundestag: Unfassbar, was die SPD dort abliefert.
    Diese SPD hat nichts mehr mit Ehrenmännern wie Willy Brandt oder Helmut Schmidt gemeinsam.

c) …und zur Berichterstattung der Esslinger Zeitung:

  1. Die Esslinger Zeitung war zum Zeitpunkt der Eskalation nicht mehr im Verwaltungsausschuss anwesend, obwohl sie darüber informiert war, dass dieser Tagesordnungspunkt von großer Bedeutung ist. Es ist immer besser, selbst Zeuge zu sein, als von anderen zu hören.
  2. Die Esslinger Zeitung hätte ihrer Leserschaft zumindest einen kurzen Einblick in den Sachverhalt geben können (wie in diesem Artikel unter „a) zum Sachverhalt“). Die Inhalte sind öffentlich abrufbar und wären in kürzester Zeit recherchierbar gewesen.
  3. Da ich persönlich in dem Artikel mehrfach zu Wort komme: Wäre es zu viel verlangt gewesen, wenn die Esslinger Zeitung VOR einer Berichterstattung Rücksprache mit mir gehalten hätte? Wäre das nicht im Rahmen der journalistischen Sorgfaltspflicht geboten gewesen?
  4. Die Esslinger Zeitung lässt Herrn Dr. Mehrle mit 1200 Zeichen zu Wort kommen – das ist richtig und wichtig, schließlich steht seine Aussage in der Kritik. Aber es fehlt eine Stellungnahme von Stadtrat Alexander Anderka. Die Esslinger Zeitung hatte zu keinem Zeitpunkt mit Alexander Anderka Kontakt aufgenommen. Weder nach dem 15.08.2024 oder vor der heutigen Berichterstattung. Interessiert es niemanden, wie es Herrn Anderka geht? Interessiert es niemanden, was Herr Anderka zu sagen hat? Es interessiert jedenfalls nicht die Esslinger Zeitung.
  5. Die Gesamtwirkung des Artikel erzeugt eine Opfer-Täter Umkehr:
    Dr. Mehrle hat nichts falsch gemacht, Köthe beschuldigt zu Unrecht und Herrn Anderka ist ein Nazi.
    Na, dann ist ja alles in Ordnung! Wenn ich jetzt noch an TOP 8 derselben Sitzung denke (die Ausschreibung für das neue Amtsblatt wird so gestaltet, dass der Bechtle Verlag – der Herausgeber der Esslinger Zeitung – die Ausschreibung gewinnt), dann wird mir schlecht… 🙈

Zusammenfassend: Wir haben es in vielerlei Hinsicht mit einem gesellschaftlichen Niedergang historischen Ausmaßes zu tun: Die Verrohung des Umgangs im Allgemeinen, das Beschimpfen politischer Mitbewerber im Besonderen, die Verharmlosung des Nationalsozialismus (Nazi darf man sagen, Schwachkopf nicht), das Fehlen von Ehrenmännern und Ehrenfrauen in Staat und Gesellschaft, Parteien, die sich den Staat bzw. die Stadt zur Beute gemacht haben (der 5. Bürgermeister läßt grüßen) und eine Berichterstattung, welche sich mit den politischen Gegebenheiten arrangiert hat.
Armes Esslingen! Armes Deutschland!

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