Zur Grundsteuer

Von Stephan Köthe

Wie steht die AfD zur Grundsteuer?

Die AfD ist für die Abschaffung von Substanzsteuern. Dazu zählen die Grundsteuer, die an Haus- und Grundbesitz anknüpft, die Vermögenssteuer sowie die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Bei derzeit rund 900 Mrd. jährlichem Steueraufkommen des Gesamtstaates (Stand 2023) liegt deren Anteil insgesamt bei einem niedrigen einstelligen Prozentbetrag.
Die Grundsteuer wird in der Gesetzgebungshoheit des Bundes geregelt. Ihr Aufkommen fließt ausschließlich den Kommunen zu. Ihr Aufkommen entspricht etwa 12 % des gesamten Steueraufkommens der Kommunen (Stand 2016). Als Ersatzeinnahme für die Kommunen strebt die AfD eine Änderung des Verteilungsschlüssels der großen Steuerarten zu Gunsten der Kommunen an. Grundsätzlich ist es das Ziel der AfD, die Steuer- und Abgabenbelastung in Deutschland deutlich zu senken (laut OECD weltweit nur noch von Belgien übertroffen).
Quelle: https://www.afd.de/wahlprogramm-steuern-finanzen
Antrag der Bundestagsfraktion vom 19.03.2024: „Erfolgsmodell Einfamilienhaus stärken – Eigentum, Freiheit und Familien massiv fördern“. Dort heißt es unter anderem: „Eine gerechtere Alternative hat die AfD-Bundestagsfraktion vorgeschlagen, indem die Grundsteuer abgeschafft wird und als Ausgleich eine hebesatzfähige Beteiligung an der Bemessungsgrundlage der
Einkommensteuer für Kommunen eingeführt wird.“ (In den Ausschuss verwiesen, siehe Seite 35).

Geschichtliches zur Grundsteuer vor 2018

Wikipedia: Die Grundsteuer gehört zu den ältesten direkten Steuern. Sie war bereits in der Antike bekannt. Im Mittelalter war sie die Hauptsteuer und wurde zunächst als kirchlicher und grundherrlicher Grundzehnt und Grundzins (siehe: Zinsei und Zinsbauer) eingetrieben und später als BedeSchoss oder Kontribution. Aufgrund vorherrschender Agrarwirtschaft besaß die Grundbesteuerung in den Steuersystemen der deutschen Territorien eine große Bedeutung. Die Steuer wurde anhand grober Schätzung des Bodenwertes bemessen.

Im 18. Jahrhundert begann die Erstellung der Grundkataster (vgl. historisch auch Rheinisch-westfälisches Urkataster) und die Verfeinerung der Bemessung nach Kulturart und Bodenqualität. Entsprechende Gesetze wurden 1811 in Bayern, 1821 in Württemberg, 1854 in Baden und 1861 in Preußen erlassen. Durch die Miquel’sche Steuerreform erhielten die Gemeinden in Preußen ab 1893 die Einnahmen aus der Grundsteuer. Nach der Reichsfinanzreform 1920 waren alle Länder des Deutschen Reiches zur Ausschöpfung der Grundsteuer verpflichtet. Die Länder hatten unterschiedliche Grundsteuergesetze. Diese wurden 1936 mit der Realsteuerreform reichsweit vereinheitlicht und die Einnahmen aus der Grundsteuer den Gemeinden zugewiesen. Nach Kriegsende 1945 galten wieder länderbezogen verschiedene Gesetze, bis 1951 in der Bundesrepublik Deutschland das bundeseinheitliche Grundsteuergesetz erlassen wurde.[3] Auch die Gemeinden in der DDR erhoben von den Grundstückseigentümern Grundsteuer.

Aktuelles zur Grundsteuer ab 2018

10. April 2018: Mit seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht die Bewertung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer für unvereinbar mit der Verfassung erklärt.

3. Dezember 2019: Der Gesetzgeber hat 2019 die Grundsteuer reformiert. Auf Grundlage des reformierten Grundsteuer- und Bewertungsrechts sind für alle rund 36 Mio. wirtschaftliche Einheiten des Grundbesitzes in Deutschland neue Bemessungsgrundlagen für Zwecke der Grundsteuer ab dem Kalenderjahr 2025 zu ermitteln.

4. November 2020: Das Gesetz zur Regelung einer Landesgrundsteuer (Landesgrundsteuergesetz) wurde am 4. November 2020 vom Landtag von Baden-Württemberg mit den Stimmen von Grünen und CDU beschlossen. Es war damit das erste eigenständige, vollumfängliche Steuergesetz des Landes Baden-Württemberg und zugleich das erste abweichende Grundsteuergesetz bundesweit.
Ergebnis der namentlichen Abstimmung: An der Abstimmung beteiligt haben sich 127 Abgeordnete. Mit Ja haben 81 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 46 Abgeordnete gestimmt; Enthaltungen gab es keine. Alle Namen der Abgeordneten und ihr Abstimmungsverhalten sind hier zu finden (Seite 47).

Seit 1. Juli 2022: Alle Grundstückseigentümer waren verpflichtet, bis zum 31. Januar 2023 die elektronisch abzugebenden Feststellungserklärungen abzugeben. Die neu berechnete Grundsteuer wird ab dem Jahr 2025 eingefordert.

27.05.2024: Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat erklärt, dass mit der Reform der Grundsteuer keine Veränderung des Grundsteueraufkommens insgesamt verfolgt wird. Allerdings: Ein Gesetz, in dem die Kommunen zur Aufkommensneutralität verpflichtet werden, gibt es nicht – und wäre ein unzulässiger Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden.

Unsere Kritik am Sonderweg Baden-Württembergs

Das Land Baden-Württemberg wendet ein eigenes Grundsteuermodell an, das vom Bundesmodell, welches mit dem Grundsteuer-Reformgesetz eingeführt wurde und von der Mehrzahl der Bundesländer angewendet wird, abweicht. Das künftige Modell beruht im Wesentlichen auf zwei Kriterien: der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert.

Gänzlich unberücksichtigt bei der Berechnung bleiben:
– die tatsächlich vorhandene Wohnfläche
– die baurechtlich maximal mögliche Wohnfläche
– die Größe des Baufensters (= Bauland) und die Größe der nicht bebaubaren Fläche (= Garten)

Das baden-württembergische Berechnungsmodell bewirkt mit seinem vereinfachten Berechnungsverfahren folgende Effekte:
Je mehr Wohnfläche auf möglichst wenig Grundfläche gestapelt wird, desto geringer ist die Grundsteuer pro qm. Extrembeispiel: Esslingen, Schelztorstr. 42
Je kleiner die Wohnfläche im Bezug auf die Grundstücksfläche ist, desto größer wird die Grundsteuer pro qm. Extrembeispiel: ein Haus auf einem sehr großen Grundstück für welches der Bebauungsplan eine niedrige Geschossflächenzahl, eine niedrige Grundflächenzahl, eine niedrige Anzahl zulässiger Vollgeschosse und zudem nur ein kleines Baufenster vorsieht. In Extremfällen ist mit einer Vervielfachung der Grundsteuer zu rechnen. Ein großes Grundstück zu pflegen, auf welchem kein Wohnraum gebaut werden darf, ist kein Luxus, sondern ein Dienst an der Gesellschaft: es fördert die Biodiversität, verbessert das Stadtklima, ist hilfreich für den Boden- und Wasserschutz, trägt zur Verschönerung der Umgebung bei und steigert das Wohlbefinden und die Lebensqualität in der Nachbarschaft.
– Der Bodenrichtwert ist ein Richtwert, der nicht die baulichen Möglichkeiten eines Grundstücks berücksichtig. Das führt nach dem vereinfachten baden-württembergischen Berechnungsmodell dazu, dass Eigentümer von Grundflächen, die wenig nutzbar sind, die gleiche Grundsteuer bezahlen, wie Eigentümer von Grundflächen, die große Wohnflächen auf ihrem Grundstück realisieren können. Die Realisierbarkeit von Wohnflächen ist aber bebauungsplanabhängig und liegt nicht im Ermessen der Grundstückseigentümer.

Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 die bis dahin geltende Bewertung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer für unvereinbar mit der Verfassung erklärt.
Nach unserer Ansicht ist auch der baden-württembergische Sonderweg verfassungswidrig.
Alte Ungerechtigkeiten wurden durch neue Ungerechtigkeiten ersetzt.
Unschwer ist die Handschrift der Grünen erkennbar, welche ein „Programm für flächensparendes Wohnen und Arbeiten, um die bestehenden Flächen besser auszunutzen“ fordern.



Welche Möglichkeiten haben wir Stadträte?

Der Gemeinderat hat als einzige Einflussmöglichkeit die Festlegung des Hebesatzes. Wir AfD-Stadträte werden uns dafür einsetzen, dass die Grundsteuer ab 2025 in ihrer Gesamtsumme der Höhe der Grundsteuer im Jahr 2024 entspricht, also aufkommensneutral ist. Inflationsbereinigt entspricht das einer Senkung von circa 2%. Wir sehen für den Gemeinderat keine Möglichkeit, die neuen Ungerechtigkeiten zu verhindern. Einige von uns werden mit einer Vervielfachung der Grundsteuer ab 2025 leben müssen. Es bleibt die Hoffnung, dass die anhängigen Klagen gegen das Landesgrundsteuergesetz Erfolg haben.
Ab 2025 werden circa 50% der Esslinger weniger Grundsteuer und die anderen 50% mehr Grundsteuer bezahlen. Das Ziel, die Grundsteuer abzuschaffen, verfolgen wir weiter und hoffen auf geänderte Mehrheitsverhältnisse im Bundestag, damit die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden.

Bonus

Wirkungen hoher Grundsteuern bei gleichzeitig hoher Lebensqualität

Aus den USA ist bekannt, dass Gebiete mit hohen Grundsteuern und gleichzeitig hoher Lebensqualität den Zuzug von Vermögenden und eine Verdrängung von ärmeren Bevölkerungsschichten bewirken. In Folge dessen steigen die Immobilienpreise und Mieten, was wiederum die Investitionsbereitschaft in diese Gebiete erhöht und den Effekt hoher Grundsteuern verstärkt. Eine hohe Grundsteuer kann zu einer Gentrifizierung von Gemeinden führen, es kommt zu aufstrebenden und absteigenden Gebieten – auf Kosten der gesellschaftlichen Homogenität. In dieser Gefahr sehen wir auch unsere Gemeinde durch den baden-württembergischen Sonderweg. Sozialer Friede ist ein kostbares Gut und ein Standortvorteil für Deutschland. Unser Ziel für Esslingen ist es, eine aufstrebende Gemeinde ohne Spaltung der Bevölkerung zu sein.

Länder ohne Grundsteuer

Kroatien, Färöer, Georgien, Liechtenstein, Malta, Monaco, Vereinigten Staaten (Alaska, Florida, Nevada, South Dakota, Tennessee, Texas und Wyoming), Vereinigte Arabische Emirate, Saudi-Arabien, Cayman Islands
Quelle: https://www.wohnsitzausland.com/aktuelles/lander-ohne-grundsteuer

Ähnliche Beiträge