Eindrücke von der Eröffnung der Erlebnisausstellung zum Grundgesetz im CVJM Esslingen e. V.

Von Stephan Köthe

Am 27.09.2024, um 18:00 Uhr, wurde im CVJM Esslingen, in der Kiesstraße 3-5, die Erlebnisausstellung zum Grundgesetz feierlich eröffnet. Bevor ich nachfolgend ein kurze Zusammenfassung der einzelnen Redebeiträge wiedergebe, das Wichtigste zuerst:
Die Erlebnisausstellung zum Grundgesetz ist großartig! Es ist keine Ausstellung im klassischen Sinne. Es ist eine Ausstellung, die man erleben kann! Eine Ausstellung, durch die man geführt wird. Dauer 60 Minuten. Eine Anmeldung ist erforderlich, die Führung ist kostenlos und kann hier gebucht werden – wärmste Buchungsempfehlung, solange es noch freie Plätze gibt: https://cvjm.church.tools/grouphomepage/TqXXoqBClAF1ReuS9oa0mBqaOwHKnMhc

Circa 100 Gäste haben sich zur Eröffnung eingefunden, darunter auch diese 5 Redner: Markus Grübel (CDU, MdB), Ingo Rust (SPD, Erster Bürgermeister) und die 3 Stadträte Andreas Fritz (Grüne), Andreas Koch (SPD) und Matthias Vetter (Freie Wähler).

Hier die wichtigsten Aussagen der einzelnen Redner, die jeweils zu ihrem Lieblings-Grundgesetzartikel sprachen:

  1. Markus Grübel (CDU, MdB):
    Artikel 12a: Das Grundgesetz kennt Freiheitsrechte und Pflichten. Zu den Dienstpflichten gehört die Pflicht zum Dienst an der Waffe. Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden. Es gibt auch eine Dienstpflicht für Frauen: Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Ob diese Aufteilung nach Frauen und Männer noch zeitgemäß ist, darf hinterfragt werden. Markus Grübel setzt sich für einen verpflichtenden Gemeinschaftsdienst für alle jungen Menschen, die ihren ordentlichen Aufenthalt in Deutschland haben, auch für diejenigen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, ein. Zusätzlich schlägt er ein Auswahlverfahren für den Wehrdienst nach schwedischem Vorbild vor, die Armee wählt aus den Bewerbern aus, wen sie gebrauchen kann. Ein Jahr verpflichtender Gemeinschaftsdienst fördert den Zusammenhalt der Gesellschaft und verteidigt unsere Werte.
  2. Ingo Rust (SPD, Erster Bürgermeister):
    Artikel 28: Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muss den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muss das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Dieser Artikel ist von zentraler Bedeutung, weil er sicherstellt, dass Demokratie nicht nur auf Bundesebene stattfindet, sondern auch in den Bundesländern und Kommunen gelebt wird. Dieser Artikel betont die Wichtigkeit der Selbstverwaltung, der kommunalen Autonomie und des Prinzips der Subsidiarität, was bedeutet, dass Entscheidungen dort getroffen, wo sie am Besten getroffen werden können, nämlich nahe am Menschen.
  3. Andreas Fritz (Grüne, Stadtrat):
    Artikel 20a: Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Der Klimawandel könnte die Hälfte der Erde zerstören. Der Klimawandel passiere aber so langsam, dass wir uns daran gewöhnen. Je länger wir warten, desto kleiner würden unsere demokratischen Handlungsspielräume werden. Andreas Fritz plädiert für stärkere Ausgestaltung der ökologischen Belange im Grundgesetz, zum Beispiel in der Präambel, die „Rechte der Natur“ könne man im Grundrechtsteil des Grundgesetzes verankern, zudem könnte es ein ökologisches Staatsprinzip geben. Die Klimaanpassung in den Kommunen könne als Gemeinschaftsaufgabe in der Verfassung verankert werden.
  4. Andreas Koch (SPD, Stadtrat):
    Artikel 5: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. Pressefreiheit ist das tägliche Brot der Demokratie. Pressefreiheit hat Verfassungsrang, weil sie eine so hohe Bedeutung für unsere Gesellschaft hat. Journalisten tragen eine besondere Verantwortung. Journalisten sind ausschließlich der Wahrheit verpflichtet. Haribert Brandl: „Es ist nicht Aufgabe eines politischen Journalisten Partei für eine politische Partei zu ergreifen. Ein Journalist braucht keine Partei, er braucht Haltung. Guter Journalismus wahrt Distanz und misst seine Güte nicht daran, wie viele Politiker zu seinem Geburtstag kommen.“ Auch die gute, alte Lokalzeitung hat eine besondere Bedeutung, was wir an ihr haben, verstehen wir wohl erst, wenn es sie nicht mehr gibt.
    Haribert Brandl: „Pressefreiheit ist menschenfreundlich, nicht menschenfeindlich, Pressefreiheit ist eine empathische Freiheit, sie gibt der Demokratie Schwung“. Andreas Koch schließt mit dem Hinweis, dass Deutschland im weltweiten Ranking der Pressefreiheit auf Platz 10 liegt – es gibt also noch etwas zu tun, beim Grundgesetz Artikel 5.
  5. Matthias Vetter (Freie Wähler, Stadtrat):
    Matthias Vetter betont das hohe Gut der Bildung und die Vorteile eines durchlässigen Schulsystem, man kann sich vom Hauptschulabschluss bis zur Hochschulreife hocharbeiten.
    Änderungen im Schulsystem bräuchten Zeit und sollten länger ausprobiert werden, damit sie ihre Wirkung entfalten können.
    Matthias Vetter wünscht sich:
    …dass alle Kinder mindestens 1 Jahr vor der Schule in den Kindergarten gehen und deutsch können, wenn sie in die Schule kommen und
    …dass es noch viele weitere tolle Kindergärten und Schulgebäude gibt. Das ist die beste Investition in Bildung.

Insgesamt ein würdiger Auftakt für eine besondere Erlebnis-Ausstellung zum 75. jährigen Geburtstags eines großartigen Schatzes – unserem Grundgesetz!

Warum die Ausstellung so besonders ist?
– weil sie erlebbar ist (es ist mir tatsächlich nicht möglich, das in Worte zu fassen)
– weil sie historisch aufgebaut ist und die geschichtlichen Zusammenhänge aufzeigt
– weil sie den gesellschaftlichen Wert unseres Grundgesetz aufzeigt und nicht parteipolitisch ist
– weil sie die Ordnung, der wir unsere Freiheit verdanken, uns wertschätzend nahe bringt.

Von Ernst-Wolfgang Böckenförde stammt der Satz: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann“ (bekannt auch als das Böckenförde-Diktum).
Die Erlebnisausstellung leistet einen Beitrag, um diese Voraussetzungen zu schaffen und zu erhalten.

Hier geht es zur Anmeldung:
https://cvjm.church.tools/grouphomepage/TqXXoqBClAF1ReuS9oa0mBqaOwHKnMhc

Weitere Infos zur Ausstellung: https://www.cvjm-esslingen.de/aktuelles/erlebnisausstellung-grundgesetz?

Gerne hätte ich auch zu meinem Lieblings-Grundgesetzartikel gesprochen, aber so bleibt es spannend.

Ähnliche Beiträge