Wie die Lebenshilfe begründet, dass „die AfD eine Partei sei, die Menschen mit Behinderung diskriminiere“
Von Stephan Köthe
…in chronologischer Abfolge…
Am 06.05.2025 schrieb die Esslinger Zeitung: Verein lädt Esslinger AfD-Vertreter aus – „Da sind wir sehr konsequent“
Darin heißt es unter anderem: Er sei sich einig mit dem Werkstattrat und dem Betriebsrat seiner gemeinnützigen GmbH, dass die AfD eine Partei sei, die Menschen mit Behinderung diskriminiere…. Es gebe zig Äußerungen hochrangiger Parteifunktionäre, die das belegten. „Deshalb laden wir Vertreter der AfD nicht ein, da sind wir sehr konsequent“
Am 07.05.2025 schrieb ich an die Lebenshilfe:
Betreff: …die AfD eine Partei sei, die Menschen mit Behinderung diskriminiere
Sehr geehrter Herr …,
1) Mir sind keine Äußerungen hochrangiger Parteifunktionäre bekannt, die Menschen mit Behinderung diskriminieren.
2) Selbst wenn es diese Äußerungen gegeben hätte, wären diese nicht relevant, solange sie nicht Eingang in die Programmatik finden. Sie finden in jeder Partei Äußerungen, die nicht durch die Programmatik gedeckt sind und zum Beispiel die Menschenwürde verletzen. Wenn das zu einem Ausschluss führen würde, könnten Sie niemanden mehr einladen – und Sie selbst würden auch nicht mehr eingeladen werden. Sie wollen konsequent sein? Dann seien Sie es!
3) Ich habe bereits Elke Willi, Geschäftsführerin der Lebenshilfe Esslingen, öffentlich auf von ihr formulierte Vorwürfe geantwortet, ohne von Frau Willi eine Antwort erhalten zu haben:
https://alternative-fuer-esslingen.de/aktuelles/mimamo-die-weiterfuehrung-des-inklusiven-jugendtreffs-mit-mach-momente-plus-und-ein-wort-an-frau-willi/
Als Geschäftsführer der WEK Werkstätten Esslingen | Kirchheim gGmbH sollten Sie dem Werk und den Schutzbefohlen verpflichtet sein und keine Parteipolitik betreiben.
Bitte leiten Sie diese Email an den Betriebs- und den Verwaltungsrat … weiter.
Am 07.05.2025 antwortete die Lebenshilfe:
Sehr geehrte Hr. Köthe,
muss ich Ihnen jetzt schon die Aussagen ihrer Führungskräfte zurückmelden?
Hr. Krah, Tagesschau in leichter Sprache, eine Tagesschau für Idioten.
Hr. Höcke, möchte die inklusive Beschulung von Menschen mit Behinderung abschaffen.
Hr. Gauland nennt das 3. Reich einen Fliegenschiss der Geschichte, sehen sie sich bitte den Fliegenschiss der Geschichte in Grafeneck (Münsingen) an, dort wurden ca. 10.000 Menschen mit Behinderung industriell getötet.
Nur um einige, der mehr als fragwürdigen Aussagen ihrer Partei aufzuzählen.
Selbstverständlich erhält unser Verwaltungsrat, die Lebenshilfe Bund und Land, sowie die Parität unser Betriebsrat und der Werkstattrat diese Mail in cc.
Am 08.05.2025 antwortete ich der Lebenshilfe wie folgt:
Sehr geehrter Herr …,
jetzt haben Sie mich überrascht! Sie sind der Erste, der aus dem Bereich Lebenshilfe auf eine E-Mail substanziell antwortet. Dafür danke ich Ihnen ausdrücklich.
Erlauben Sie mir 2 Vorbemerkungen:
1) Diese Art von Dialog ist politisch nicht gewünscht. Die Brandmauer ist nicht nur eine schlaue Erfindung des linken politischen Spektrums – um das bürgerlich-konservative Lager zu spalten, damit deren Mehrheit zu verhindern und sich selbst unentbehrlich zu machen – es ist auch ganz einfach ein Mandatsschutz für alle, welche derzeit ein Mandat haben.
Dass sich auch Teile der Zivilgesellschaft diesem Schema anschließen, hat meiner Einschätzung nach einen psychologischen Grund: In gesellschaftlich polarisierten Situationen (wie bei Corona oder der AfD-Frage) ist Dialogvermeidung eine Strategie zur Vermeidung kognitiver Dissonanz und sozialem Stress. Mit Ihrer Antwort ignorieren Sie nicht nur die politischen Vorgaben, Sie gefährden auch Ihren „Seelenfrieden“ 😃
2) Ich bin seit 2013 Mitglied der AfD, war vier Jahre lang im Landesvorstand Baden-Württemberg und kenne die Partei durch und durch. Sie schreiben also mit einem, der beurteilen kann, was die AfD ist – und was sie nicht ist.
Zu Ihren inhaltlichen Kritikpunkten, welche Sie zu der Überzeugung gebracht haben, dass „die AfD eine Partei sei, die Menschen mit Behinderung diskriminiere“:
1) Maximilian Krah und die „Tagesschau in leichter Sprache“
Mein Kommentar: Sie beziehen sich vermutlich auf dieses Video: https://www.youtube.com/shorts/-mmAZsXx2xw
Krahs Kritik richtet sich nicht gegen Menschen mit Lernbehinderung, sondern gegen die redaktionelle Praxis der Tagesschau, Informationen verkürzt und einseitig zu präsentieren – unabhängig vom Sprachniveau. Maximilian Krah kritisiert, dass, anstatt ernsthafte Argumente vorzubringen, die Zuschauer indoktriniert und verunsichert werden. Über den Ton kann man streiten – aber die inhaltliche Kritik ist berechtigt und wird durch Ihre pauschale Ablehnung [der AfD] nur bestätigt.
2) Hr. Höcke, möchte die inklusive Beschulung von Menschen mit Behinderung abschaffen.
Mein Kommentar: Sie behaupten, Björn Höcke wolle inklusive Beschulung abschaffen. Hier ist, was er tatsächlich sagt: „…daran ist meine Empathie auch gewachsen und auch mein Bewusstsein für die Wichtigkeit und den Wert eines eigenen Sonderschulsystems. Eine Position der AfD ist dieses Sonderschulsystems zu erhalten, das Förderschulsystem zu erhalten um, Rückzugsmöglichkeiten zu geben, um Schonräume zu geben und den sinnesbehinderten Kindern und den anders behinderten Kindern die maximalen Entfaltungsmöglichkeiten zu geben…“
Quelle: Björn Höcke im Podcast mit Ellen Kositza und Götz Kubitschek: https://www.youtube.com/watch?v=tyCKSrKI6ps&ab_channel=Bj%C3%B6rnH%C3%B6cke
Der SPD-Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) formulierte es drastischer: „Warum Inklusion unmöglich ist“ (Zitat: (Radikale) Inklusion ist Kommunismus für die Schule).
Die AfD fordert eine realistische und differenzierte Bildungspolitik – das steht auch so im Grundsatzprogramm (Seite 54): 8.2.6 Keine Inklusion um „jeden Preis”
3) Hr. Gauland nennt das 3. Reich einen Fliegenschiss der Geschichte, sehen sie sich bitte den Fliegenschiss der Geschichte in Grafeneck (Münsingen) an, dort wurden ca. 10.000 Menschen mit Behinderung industriell getötet.
Mein Kommentar: Der Korrektheit halber: Gauland sprach vom „Vogelschiss“, nicht vom „Fliegenschiss“. Alexander Gauland erklärte die Aussage selbst so (Dauer 1 Minute): https://www.youtube.com/watch?v=5dCIOKypSJs&ab_channel=AfD-FraktionBundestag
Die Äußerung war also nicht als Verharmlosung der NS-Verbrechen gedacht, sondern als Kontrast zur langen deutschen Geschichte, die mehr ist als 12 Jahre NS-Zeit.
Zur grundsätzlichen Haltung der AfD:
Die AfD steht für ein menschenfreundliches Weltbild, unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat, Herkunft, Glauben, der religiösen oder politischen Anschauungen und der Behinderung. Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Wir setzen uns ein für:
- den Schutz des ungeborenen Lebens,
- gerechte Chancen für Kinder und Jugendliche,
- den Erhalt bewährter pädagogischer Strukturen,
- die Würde und Förderung älterer und hilfsbedürftiger Menschen.
Dass unsere Zustimmungswerte stetig wachsen, liegt nicht etwa daran, dass sich die Bevölkerung radikalisiert – sondern daran, dass Menschen erleben, wie wir wirklich sind. Unsere Programmatik und die gelebte Praxis vor Ort unterscheidet sich drastisch von dem Zerrbild, das in den Medien verbreitet wird.
Wie groß die Unterschiede zwischen unserem Selbstverständnis und der Fremddarstellung sind, habe ich im unteren Teil dieses Beitrags tabellarisch dargestellt:
https://alternative-fuer-esslingen.de/programm/
Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung – gerne auch mit inhaltlichen Punkten, auf die ich konkret eingehen kann.
Stephan Köthe
Leider kam es zu keiner Rückmeldung auf meine Email vom 08.05.2025.