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Aus dem Verwaltungsausschuss am 20.10.2025: Neue Steuern, Dialogische Bürgerbeteiligung, Fortführung Amtsblatt, Nachrücker Dr. Gebhard Mehrle…

Von Stephan Köthe

Zur Tagesordnung

Die wichtigsten Tagesordnungspunkte:

TOP 2: Einführung Verpackungssteuer: „auf Eis“, wie OB Klopfer auf der Sitzung des Gemeinderats am 06.10.2025 verlautbaren hat lassen, ist die Verpackungssteuer nicht – jedenfalls stand sie heute auf der Tagesordnung. OB Klopfer sieht das als Teil eines Deals: Verpackungssteuer und Grundsteuer C werden gestrichen, dafür kommt die Beherbergungssteuer. Niemand würde es verwundern, wenn das nicht so mit CDU, Grünen, SPD und Freien Wählern abgesprochen ist.

TOP 3: Einführung Grundsteuer C: dito

TOP 4: Einführung Beherbergungssteuer: Die Stadt rechnet mit 300.000 Übernachtungen und haushaltswirksamen Steuereinnahmen v. rund 1,45 Mio. EUR. Während der Einführungsphase rechnet die Stadt mit einer zusätzlichen Personalstelle (Kostenpunkt ca. 70.000 EUR pro Jahr), ab 2028 nur noch 0,5 Stellen (-> 35.000 EUR pro Jahr), plus Sachkosten…

Das habe ich gesagt: „Wer die Beherbergungssteuer für Esslingen fordert, der verkennt die besondere regionale Situation Esslingens. Wir stehen in der Region Stuttgart im harten Konkurrenzkampf mit den umliegenden Städten, die Kunden können sehr leicht in Nachbarstädte ausweichen. Weniger Übernachtungen bedeuten direkt weniger Umsatz im Einzelhandel und in der Gastronomie in unserer Stadt. Die Beherbergungssteuer bedeutet mehr Bürokratie auf Seiten der Hotelbetriebe und mehr Bürokratie auf Seiten der Stadt (-> mehr Personal). Alle reden von zu viel Bürokratie, wir Esslinger führen noch mehr Bürokratie ein.“
OB Klopfer will diese Steuer und er bekommt sie auch, weil CDU und Freie Wähler nicht geschlossen dagegen stimmen. Es bleibt abzuwarten, wer dieses mal den Sitzungssaal verlässt – oder sich enthält.

TOP 5: Bürgerbegehren zur Standortfrage der Stadtbücherei Esslingen
Von den 9470 gesammelten Stimmen wurden 8312 Unterschriften als gültig gewertet. Der Bürgerentscheid wird am Sonntag, 08.03.2026, gemeinsam mit der Landtagswahl durchgeführt wird. Wir freuen uns auf den zweiten Bürgerentscheid in der Geschichte Esslingens! Egal, wie der Bürgerentscheid ausgeht, die Siegerin steht jetzt schon Fest: die Demokratie! (Nein, nicht „unsere Demokratie“ derjenigen, welchen diesen Bürgerentscheid nicht gewollt haben).

TOP 6: Durchführung einer dialogischen Bürgerbeteiligung zur Standortfrage der Stadtbücherei Esslingen
Fassungslos machte mich der Vorstoß des Oberbürgermeisters, für 45.000 Euro eine Last-Minute-Bürgerbeteiligung durchzuführen.

Das habe ich gesagt: Am 30. Juni hat der Gemeinderat – mit der denkbar knappsten Mehrheit – den Umzug in den Kögel beschlossen. Und das noch vor den Sommerferien und noch vor den Haushaltsberatungen 2026/2027 – also genau vor dem Zeitpunkt, an dem diese Entscheidung mit Blick auf die erheblichen finanziellen Auswirkungen eigentlich hingehört hätte.
Entschieden wurde ohne eine dialogische Bürgerbeteiligung.

Ein vom Gemeinderat selbst initiierter Bürgerentscheid wurde anschließend abgelehnt.
Damit hätten wir mindestens drei Monate Zeit gewonnen – und Geld gespart.
Doch das war, so muss man es sagen, weder vom Oberbürgermeister noch von den großen Fraktionen – CDU, SPD, Grünen und Freien Wählern – gewollt.

Ich fasse zusammen:
Weder der Oberbürgermeister noch die vier großen Fraktionen haben die Notwendigkeit einer Bürgerbeteiligung gesehen.

Die Bürgerschaft hat darauf reagiert – mit 9.470 Unterschriften, davon 8.312 gültig.
Damit hat die Bevölkerung klar widersprochen – sie will gefragt werden!
Sie hat sich für die maximal mögliche Form der Bürgerbeteiligung, den Bürgerentscheid, ausgesprochen.

Und jetzt – Monate nach dem Beschluss des Gemeinderats – soll es plötzlich eine dialogische Bürgerbeteiligung geben? Warum erst jetzt? Allen war doch klar, dass die Abstimmung im Gemeinderat denkbar knapp ausfallen würde. Wäre das nicht genau der richtige Moment gewesen, um mit den Bürgerinnen und Bürgern in den Dialog zu treten?
Offensichtlich war Bürgerbeteiligung nicht gewollt – die Mehrheiten waren ja vorhanden.

Und jetzt liegt uns ein Antrag der Verwaltung vor:
Für 45.000 Euro soll eine dialogische Bürgerbeteiligung mit einer zweistelligen Zahl zufällig ausgewählter Bürgerinnen und Bürger durchgeführt werden.
Ich frage Sie: Ist das wirklich sinnvoll?

In dieser Stadt gibt es Tausende Menschen, die sich in den letzten Monaten intensiv mit dem Thema befasst haben. Dieser „Bürgerdialog“ kommt viel zu spät und wird schlicht nicht benötigt.

Für 45.000 Euro eine verspätete Mini-Beteiligung mit Zufallsbürgern? Nein, danke! Das ist der falsche Zeitpunkt, das falsche Signal und die falsche Verwendung von Steuergeld- aus Respekt vor einer mündigen Bürgerschaft sollten diesen Antrag ablehnen.

Erfreulicherweise hat der Verwaltungsausschuss mit 5:9 Stimmen den Antrag abgelehnt. Dafür gestimmt haben OB Klopfer (1), Grüne (2) und SPD (2) – also diejenigen, die vorher keine Bürgerbeteiligung und keinen Bürgerentscheid wollten 🤣- Immerhin: Die Freien Wähler haben von der, zu diesem Zeitpunkt unsinnigen, Maßnahme Abstand genommen – wohl aus der Erkenntnis, dass ihre 2 Stimmen auch keinen Entschluss gebracht hätten (7:7).
45.000 Euro mehr im Säckel, die wir an anderer Stelle gut gebrauchen können.

TOP 8: Fortführung Amtsblatt „ESSLINGEN informiert“ für die Jahre 2026/2027 und
Bearbeitung des Antrags der Fraktion AfD vom 06.12.2024 zu „Neutralität wahren – Amtsblatt ohne politische Beilage veröffentlichen und allen Haushalten zugänglich machen“.

Das Amtsblatt wird neu ausgeschrieben (einstimmig). Unser Antrag, mit dem Ziel, dass das Amtsblatt ohne einseitige politische Beilage veröffentlicht wird, wurde mit 13:1 abgelehnt. Die Argumente gegen unseren Antrag: zu teuer und presserechtlich nicht möglich. Aber: ob es tatsächlich zu teuer wäre, kann vorab nicht gesagt werden: es wurde keine entsprechende Ausschreibung gemacht. Auch unser Zusatzantrag wurde mit 11:1:2 (2 Enthaltungen von Dr. Jörn Lingnau (FDP/Volt) und Hermann Beck (WIR/Sportplätze erhalten)) abgelehnt:
„In die Ausschreibung ist folgende Formulierung aufzunehmen: Sollte das Amtsblatt im untrennbaren Verbund mit einem Printprodukt verteilt werden, müssen die Richtlinien dieses Printprodukt allen städtischen Vereinen und allen Parteien, die im Gemeinderat vertreten sind, die gleichen Rechte und Möglichkeiten einrichten.“
Eine solche Formulierung abzulehnen, zeigt, wie sehr man Grundgesetz Artikel 3 Absatz 3 tatsächlich im Blut hat.
Alle großen Fraktionen inkl. Oberbürgermeister können mit der derzeitigen Situation komfortabel leben: unliebsame politische Konkurrenz wird ausgeschlossen! Formal vielleicht keine Korruption – aber der Effekt ist derselbe: öffentliche Strukturen werden genutzt, um politische Vorteile zu verteilen. Ein Armutszeugnis! Aber die Agenda der Vielfalt unterzeichnen! So viel Heuchelei muss sein!

TOP 10: Beantwortung Antrag FDP/Volt: Anschaffung einer Dokumentenausgabenbox zur Entlastung der Verwaltung und Optimierung der Dokumentenabholung

FDP/Volt hatten die Idee, eine Dokumentenausgabenbox anzuschaffen, damit die Bürgerinnen und Bürger ihre Dokumente im Bürgeramt rund um die Uhr abholen können. Wir finden: Eine familien- und arbeitnehmerfreundliche Lösung, die sich auch in Pandemie-Zeiten bewährt hat.
Der Antrag wurde mit 12:2 abgelehnt, auch von der CDU, die in der Vergangenheit einen ähnlichen Antrag gestellt hat. Dafür gestimmt haben FDP/Volt und AfD.

TOP 13: Ausscheiden von Stadtrat Florian Dieringer aus dem Gemeinderat der Stadt Esslingen am Neckar
Florian Dieringer scheidet am 31.10.2025 aufgrund Wegzugs aus dem Gemeinderat aus.

TOP 14: Nachrücken von Herrn Dr. Gebhard Mehrle in den Gemeinderat der Stadt Esslingen am Neckar
Dr. Gebhard Mehrle wurde bei der Kommunalwahl 2024 mit 7859 Stimmen gewählt und ist der nächste Nachrücker auf der Liste (nach Ulrike Gräter, die für Andreas Koch nachgerückt ist).

TOP 15: Neubildung von Ausschüssen sowie sonstigen Gremien

Gegen 20:30 Uhr kam es dann noch zur Eskalation:
Wir haben dem Nachrücken von Dr. Gebhard Mehrle in den Ausschuss für Bildung, Erziehung und Betreuung widersprochen.
Warum?
Wir haben schwere Bedenken gegen die Eignung von Herr Dr. Gebhard Mehrle als Mitglied des Ausschusses für Bildung, Erziehung und Betreuung.
Herr Dr. Gebhard Mehrle hat sich am 15.08.2024 – wohlgemerkt nach der Kommunalwahl – in strafrechtlich relevanter Weise auf einer öffentlichen Veranstaltung gegen ein amtierendes Gemeinderatsmitglied geäußert hat.
[Zur Klarstellung: ich, Stephan Köthe, halte die Äußerung von Herrn Dr. Mehrle:
„Und der Herr Anderka ist wirklich ein Nazi! Das muss man wissen!“
für strafrechtlich relevant! Die Staatsanwaltschaft hat im Jahr 2024 die Aussage von Herrn Mehrle als legitime Meinungsäußerung eingestuft. Ein Richterspruch ist nicht erfolgt. Herr Anderka steht die Erhebung einer Privatklage nach §381 StPO offen.
Aber so weit sind wir in unserem Land gekommen: Einen schwachköpfigen Wirtschaftsminister mit einer desaströsen Leistungsbilanz als „Schwachkopf“ zu bezeichnen, führt zu einer Hausdurchsuchung. Einen unbescholtenen, ehrenamtlichen, kommunalen Mandatsträger als „wirklichen Nazi“ zu schmähen, ist freie Meinungsäußerung!]

Ich zitiere Innenminister Strobel:
„Wer eine politische Partei oder deren Angehörige in der Ausübung ihrer Grundrechte behindert, gezielt Hass und Hetze gegen sie richtet oder sie gar gewaltsam attackiert, überschreitet ganz klar eine rote Linie. Das tolerieren wir in Baden-Württemberg nicht.“ Und weiter:
Bei Hass und Hetze gibt es bei uns in Baden-Württemberg null Toleranz, keinen Millimeter. Wir stellen uns hinter all diejenigen, die mit ihrer Arbeit und ihrem Engagement unsere Demokratie stützen.“

Offensichtlich gibt es in Esslingen diese rote Linien nicht!
Der anschließende Sturm der Empörung lässt sich nur schwer beschreiben. Schade, dass zu diesem Zeitpunkt keine Öffentlichkeit mehr im Raum war. Das hätte vielleicht die eine oder andere ausfällige Bemerkung verhindert. Mit dabei: OB Klopfer, der mittlerweile in nahezu jeder Sitzung anlasslos eine Schmähung oder zumindest eine Distanzierung von der AfD formulieren muss.
Frau Silberhorn-Hemminger ließ es sich jedenfalls nicht nehmen, eindringlich vor einem Präzedenzfall zu warnen. Sie verkennt aber: CDU, SPD und Grüne verweigern der AfD seit Jahren Ausschusssitze und Ausschussvorsitze – auch wenn es keine persönlichen Verfehlungen des Kandidaten gibt!
Wegen uns, liebe Frau Silberhorn-Hemminger, müssen sie jedenfalls nicht auswandern. Wenn wir mitregieren, dann werden wir versuchen, das in Ordnung zu bringen, was in Schieflage geraten ist: wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich.

Wir bleiben dabei: Herr Dr. Gebhard Mehrle hat sich mit seiner Hassrede für das Amt eines stimmberechtigten Mitglieds im Ausschuss für Bildung, Erziehung und Betreuung (ABEB) disqualifiziert.

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