„Diversity als Chance: Unterzeichnung der Charta der Vielfalt“ – Warum wir die Unterzeichnung der Charta ablehnen

Am 23.09.2024 um 17:30 Uhr wurde über folgenden Antrag im Verwaltungsausschuss öffentlich beraten, am 14.10.2024 um 17:30 Uhr wird darüber im Gemeinderat öffentlich abgestimmt:

Beschlussantrag (des Referats für Chancengleichheit):

  1. Der Gemeinderat bekennt sich zur Förderung von Diversity sowohl in der Stadtgesellschaft
    als auch in der Verwaltung.
  2. Der Gemeinderat stimmt der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt durch die Stadt
    Esslingen am Neckar zu und unterstützt die Verwaltung bei der Umsetzung der
    Maßnahmen zur Förderung von Diversity.

Quelle: https://ris.esslingen.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZZwVuNG-xVmTr_qwGTm1q17Tq60v5-6W9kYEhG-nMHwA/Beschlussvorlage_02-198-2024.pdf

Der Wortlaut der Charta „Diversity als Chance – Die Charta der Vielfalt für Diversity in der Arbeitswelt“ kann hier nachgelesen werden: https://www.charta-der-vielfalt.de/ueber-uns/ueber-die-initiative/die-urkunde-im-wortlaut

Warum lehnen wir den Antrag ab?

  1. Die wesentlichen Forderungen der Charta entsprechen geltendem Recht.
    Unser Grundgesetz sagt in Artikel 3:

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Aus dem Grundgesetz leitet sich ein Rechtanspruch ab. Jeder, der seine Rechte verletzt sieht, kann klagen. Der Gemeinderat muss sich nicht zu etwas bekennen, zu dem er gesetzlich verpflichtet ist.

2. Die geplante „Auswertung des Personalberichts mit verstärkten Fokus auf Vielfalt“ in Verbindung mit „Sicherstellung, dass Diversity im Rahmen von Stellenbesetzungen als auch in der Ausbildung Berücksichtigung findet“ könnte je nach Handhabung grundgesetzwidrig sein, denn „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

3. In Bezug auf Diversität sehen wir keinen Handlungsbedarf. Nach unserem Kenntnisstand arbeitet die Verwaltung vorbildlich. Es sind keinerlei Beschwerden bekannt, welche sich auf das Thema Diversität beziehen.

4. Die Maßnahmen werden nicht überprüft.
In der Kurzzusammenfassung des Antrags heißt es: „Konkret verpflichtet sie sich freiwillig, Maßnahmen zur Förderung von Vielfalt und zu allen weiteren Punkten der Charta zu ergreifen, diese werden jedoch nicht einzeln überprüft.“
Maßnahmen, die nicht überprüft werden (können), stellen die Frage nach der Sinnhaftigkeit.
Wenn schon die Maßnahmen nicht überprüft werden, wie kann dann deren Wirksamkeit überprüft werden?

5. Die Umsetzung des Antrags wird zu mehr Bürokratie und mehr Kosten führen. In der Charta heißt es unter Punkt 5: „über unsere Aktivitäten und den Fortschritt bei der Förderung der Vielfalt und Wertschätzung jährlich öffentlich Auskunft geben.“
Diese Verpflichtung wird zu dauerhaft höheren personellen und bürokratischen Aufwänden führen, welche die angegebene einmalige Verwaltungspauschale von 250 Euro bei weitem übersteigen werden. Die tatsächlichen Kosten werden nicht beziffert – wohl auch deswegen, weil die gesamte Verpflichtung schwammig formuliert ist und Spielräume in alle Richtungen offen lässt.
Die Teilnahme der Stadt am deutschen „Diversity-Tag“ zur Vorstellung eigener „Best Practice Beispiele oder Aktivitäten“ wird weitere Kosten verursachen.
Die Kosten der öffentlichen Werbekampagne werden nicht angegeben, ebenso wenig wie die Kosten für „regelmäßige Diversity-Workshops für Führungskräfte“.
Ohne zumindest eine grobe Kostenschätzung sollten wir keine Verpflichtungen eingehen. Der Gemeinderat ist zu einem sorgsamem Umgang mit Steuergeld verpflichtet.

6. Die Unterzeichnung der Charta könnte dazu führen, dass externe Organisationen oder Interessensgruppen Einfluss auf interne Abläufe unsere Gemeinde nehmen. Das gilt es zu verhindern! Es ist Aufgabe des Gemeinderats die Mitarbeiter in der Verwaltung vor dem Einfluss (Indoktrinierung) von NGOs (Nichtregierungsorganisationen) zu schützen (Fürsorgepflicht des Arbeitgebers).

7. Die Verwaltung arbeitet auf Grundlage geltenden Rechts. Eine Ideologisierung der Verwaltung ist abzulehnen. Rechtsstaat statt Ideologie.

8. Die Verwaltung arbeitet bei der Auswahl von Mitarbeitern nach dem Leistungsprinzip und trifft ihre Entscheidungen unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Glaubens, religiösen oder politischen Anschauung. Quoten können je nach ihrer Ziel- und Umsetzung sexistisch, rassistisch oder anderweitig grundgesetzwidersprechend sein. Leistung statt Quote.

9. Anmerkung zur Form: Das deutsche Wort für „Diversity“ lautet Vielfalt oder Diversität. Es kann aus Gründen der besseren Verständlichkeit durchaus sinnvoll sein, englischsprachige Fachbegriffe zu verwenden (zum Beispiel bei etablierten IT-Begriffen), im Fall von „Diversity“ allerdings, gibt es diesen Mehrwert nicht. Das Doppelwort „Deutscher Diversity-Tag“ (aus der Kurzzusammenfassung) könnte gar missverständlich sein, (das englische Wort „Tag“ entspricht dem deutschen Wort „Etikett“ – oder geht es letztendlich doch um ein „Diversitäts-Etikett“?).

Zusammenfassend:
Bei dem Antrag handelt es sich um einen typischen Schaufenster-Antrag. Er hat keinen messbaren Nutzen, erzeugt unklare Aufwände an Bürokratie und Kosten und dient einzig und allein der Außendarstellung – und selbst diese ist ohne nachweisbare positive Wirkung.
Gerade im zwischenmenschlichen Umgang kommt es aber auf die gelebte Praxis an – um im Bild zu bleiben: auf das, was im Laden tatsächlich abläuft. Die Verwaltung der Stadt Esslingen ist tolerant, vielfältig und bunt. Unsere Mitarbeiter in der Verwaltung begegnen einander und den Bürgern mit Respekt – das ist gelebte Praxis – ganz ohne Bürokratie für unsere Mitarbeiter und Kosten für unsere Bürger.

Tatsächlichen und dringenden Handlungsbedarf sehen wir allerdings auf EU- und Bundesebene: Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit gibt es nur in Verbindung mit effektiven Grenzkontrollen! Wir fordern die Umsetzung geltenden Rechts statt Schaufenster-Anträge!

P.S.: Schwarze Schafe gibt es überall – auch in Esslingen. Nur lassen die sich in der Regel nicht von öffentlichen Werbekampagnen überzeugen, sondern werden von Gerichten in die Schranken verwiesen – und vielleicht auch durch unser gelebtes Vorbild.

P.P.S: Das sind die Mitglieder des Charta der Vielfalt e. V. (jeder von ihnen bezahlt jedes Jahr 25.000 Euro Mitgliedsgebühr, mit dabei ist auch die Bundesregierung): https://www.charta-der-vielfalt.de/ueber-uns/ueber-den-verein/mitglieder/

Dieser Beitrag wurde am 24.09.2024 an die Esslinger Zeitung gesendet. Falls er tatsächlich Eingang in die Veröffentlichung findet, werden wir es hier vermerken.

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