Zur 10. Sitzung des Gemeinderats am 28.07.2025: Grundschulen, Finanzprognose, Marktplatz…
Von Stephan Köthe
Der wichtigste Tagesordnungspunkte:
TOP 1: Einwohnerfragestunde
TOP 3: Masterplan Grundschule 2.0
TOP 4: Finanzprognose 2025
TOP 13: Neugestaltung Marktplatz
TOP 1: Einwohnerfragestunde
Artikel der Esslinger Zeitung vom 30.07.2025: Der Streit um das Bürgerbegehren erreicht den Ratssaal: „Die Debatte über strenge Vorgaben der Stadt für das Bürgerbegehren zur Bücherei hat den Ratssaal erreicht. In der jüngsten Einwohnerfragestunde im Gemeinderat meldeten sich gleich drei Bürger zu Wort, die angekündigte Einschränkungen kritisierten.“
Ordnungsbürgermeister Yalcin Bayraktar: Schreiben wie dieses seien jedoch „ein normaler Verwaltungsakt“…
Stephan Köthe: „Schade, dass die Stadtverwaltung wenig souverän mit dieser Angelegenheit umgeht. Man hätte sich publikumswirksam als Stadt der Bürgerbegehren und der Meinungsfreiheit positionieren können. Jetzt entsteht der Eindruck, dass das Gegenteil eher zutreffend ist.“
Wir haben daraufhin diese Anfrage an die Stadtverwaltung bezüglich des Schreibens der Stadt Esslingen an die Initiatoren des Bürgerbegehrens vom 24.07.2025 gestellt.
TOP 3: Masterplan Grundschule 2.0
Das ist der Masterplan Grundschule 2.0. Wir stimmen mit allen Maßnahmen überein, nicht aber mit dieser Maßnahme auf Seite 10:
„Sozial- und bildungspolitisch verfolgt die Stadt Esslingen das Ziel der Herstellung von mehr
Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit durch den konsequenten Ausbau der Ganztagsschulen und der Umwandlung einzelner Ganztagsgrundschulen von der Wahlform in die vollgebundene Form (z.B. GS Mettingen, GS Pliensauschule, GS Seewiesenschule)“
Stephan Köthe: „Diese Umwandlung von der Wahlform in die vollgebundene Form sehen wir kritisch. Gerade in der Grundschule ist die vollgebundene Form nicht für jedes Kind optimal. Das Gesetz formuliert einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung aber keine Pflicht für jedes Kind, in eine ganztägige Grundschule gehen zu müssen. Das Argument von mehr Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit rechtfertigt keinen Zwang zur Ganztagesbetreuung. Die Wahlfreiheit für die Eltern muss bestehen bleiben. Das Kindeswohlmuss im Zentrum stehen. Eltern wissen, was das Beste für Ihre Kinder ist. Das muss in der Grundschule nicht an jedem Wochentag die Ganztagesbetreuung sein.
Wenn zunehmend staatliche Grundschulen in die vollgebundene Form umgewandelt werden, wird das zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft führen, weil noch mehr Eltern auf eine Schule in freier Trägerschaft ausweichen.
Man könnte jetzt noch grundsätzlich argumentieren, dass es ein Kennzeichen von Systemen ist, die wir nicht wollen, die möglichst vollständigen Zugriff auf die Kinder haben wollen.
130 Kindern, über 100 Familien, sind heute nicht in der Ganztagesbetreuung und werden durch diesen Beschluss zur Ganztagesbetreuung oder zum Schulwechsel gezwungen – mit allen sozialen Folgen, die dazu gehören. Das wollen wir nicht.
Wir möchten die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagesbetreuung von den der Umwandlung der Schulen in die vollgebundene Form trennen und fordern getrennte Abstimmung.“
Nachdem Amtsleiter Bernd Berrot zugesagt hat, dass über jeder einzelne Umwandlung einer Schule von der Wahlform in die vollgebundene Form im Ausschuss für Bildung, Erziehung und Betreuung (ABEB) abgestimmt werden muss, haben wir dem Masterplan Grundschule 2.0 zugestimmt.
Derzeitige Situation:
Ganztagsschulen in Wahlform:
➢ GS Herderschule
➢ GS Mettingen
➢ GS Pliensauschule
➢ GS Schillerschule Berkheim
➢ GS Waisenhofschule
➢ GS Seewiesenschule
➢ GS Zell
Gebundene Ganztagsschule:
➢ GS Katharinenschule
Entwicklung Anzahl Ganztagesgruppen – Indikatoren einer gesellschaftlichen Veränderung:


In Esslingen sind 2024/2025 74% der Grundschulkinder in der Ganztagesbetreuung (3. Spalte). In 5 Jahren haben wir die DDR überholt: in der DDR waren 1989 81% der Grundschulkinder in der Ganztagesbetreuung angemeldet. Im Artikel heißt es:
„Der Hort war aus dem Schulkonzept der DDR nicht wegzudenken und fest im sozialistischen Bildungskonzept integriert. Dem Schulhort kam eine Betreuungs- und Bildungsfunktion zu. Die ideologische Bildungsaufgabe stand dabei im Vordergrund und wurde durch speziell geschulte Fachkräfte umgesetzt.“
Quelle: Horte in der DDR: Die systemtreue Betreuung für Schulkinder
03. November 2002: „Die Regierung will mit dem Ausbau der Ganztagsbetreuung eine kulturelle Revolution erreichen. Wir wollen die Lufthoheit über unseren Kinderbetten erobern!“ Olaf Scholz in einem Interview mit dem Deutschlandfunk am 03.11.2002.
TOP 4: Finanzprognose 2025
Stephan Köthe: Am 14.10.2024 hatten wir für den Haushalt 2024 einen Verschlechterung des Ergebnisses von – 8,4 Mio. Euro auf -15 Mio. Euro feststellen müssen. Auf derselben Sitzung wurde für 2025 immerhin ein geringerer veranschlagter Fehlbetrag von -17,0 Mio. Euro auf -12,3 Mio. Euro erwartet – wohlgemerkt alles negative Zahlen.
Jetzt sind wir beim ordentliche Ergebnis zum Jahresende 2025 bei -32 Mio. EUR. Die Verschlechterung gegenüber dem Nachtragshaushalt 2025 liegt bei -19,7 Mio. EUR.
Das sind schockierende Zahlen. Trotz gewissenhafter Planung zeigt sich: Auf der Einnahmeseite ist die Gewerbesteuer zunehmend unberechenbar und enttäuschend. Auf der Ausgabenseite steigen die gesetzlichen Verpflichtungen kontinuierlich an.
In Summe: Die kommunalen Haushalte sind chronisch unterfinanziert.
Wenn der negative Trend anhält, übersteigen die Schulden voraussichtlich im Laufe des Jahres 2026 die Rücklagen. Das ist ein deutliches Warnsignal für die Finanzpolitik der Stadt. Ein Handeln noch 2025 ist erforderlich, um diesen Kipppunkt zu vermeiden. Wir fordern ein aktives Gegensteuern: durch Ausgabenkritik und Priorisierung von Investitionen.
In Anbetracht dieser Entwicklung erscheint die Bücherei im Kögel und plus ein Kulturzentrum unrealistisch. Ob die Bürgerinnen und Bürger dafür bereits sind, höhere Steuern zu bezahlen, werden wir im Bürgerentscheid sehen. Wir fordern ein Maßhalten und eine Finanzplanung auf Sicht.
Auf Kreisebene schreiben 31 der 35 Kreise rote Zahlen, bei 6 Landkreisen sind bereits alle Rücklagen aufgebraucht. Unser Landkreis hat 238 Millionen Euro Schulden zum Jahresende 2024. Die Liquidität ist nur noch bei 5% der ursprünglich geplanten Größe.
Bund und Land verstoßen systematisch gegen das Konnexitätsprinzip, stetig steigenden Kosten für Sozialleistungen bringen die kommunalen Haushalte in Schieflage. Der Druck auf die Städte und Gemeinden, die Kreisumlage weiter zu höhen, um damit ausbleibende Leistungen von Land und Bund zu kompensieren, wird in Zukunft nicht geringer – dem dürfen wir als Stadträte nicht nachgeben.
Weiterführende Artikel:
„Historisch beispielloser Absturz“ – Finanznot der Kommunen wächst.
Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland erreicht mehr als 30.000 Euro.
TOP 13: Neugestaltung Marktplatz
Der Gemeinderat beschließt (Baubeschluss) die Umsetzung der Baumaßnahme zur
Neugestaltung des Marktplatzes, hier Teilprojekt 1 – Marktplatz, auf der Basis der
vorliegenden Planung inkl. Kostenanschlag (Baukosten zzgl. Planungs- und Nebenkosten in
Höhe von rd. 9,7 Mio. Euro, progn. Fördereinnahmen in Höhe von rd. 1,6 Mio. Euro).